Der Sommer hat seinen Höhepunkt erreicht. Und wie jedes Jahr, wenn die Temperaturen in heißere Gefilde klettern, sind wir Menschen für jede Abkühlung dankbar: Die Eisdielen sind voll besetzt, die Leute tummeln sich in Badeanstalten oder an Seen und Klimaanlagen haben Hochkonjunktur. Doch nicht nur wir Zweibeiner können unter extremer Hitze leiden! Auch unsere Hunde sehnen sich nach Abkühlung und dabei werden die Gefahren von Überhitzung hierzulande noch häufig unterschätzt! Wie bringen wir unsere Fellnasen am besten durch einen heißen Sommer und welche Gefahren lauern während der – für viele – schönsten Zeit des Jahres?
Auch in Europa bekommen wir den Klimawandel langsam aber sicher zu spüren: Heiße Tage mit Temperaturen über der dreißig Grad-Marke sind auch hierzulande keine Seltenheit mehr und immer öfter leiden Mensch und Tier unter der Hitze. Als Mitteleuropäer dämmert es uns langsam, warum die Spanier nichts auf ihre Siesta kommen lassen oder die Uhren in Italien anders ticken: Die Sonne und die Hitze diktieren den Tagesablauf, doch auch für unsere Vierbeiner muss sich im Sommer etwas ändern!
Auch Dr. Svenja Teichmann-Knorrn, Tierärztin der Tierklinik Oberhaching, sieht Handlungsbedarf: »Uns werden vor allem in den Sommermonaten immer wieder Hunde, seltener auch Katzen, mit Hitzschlag vorgestellt. Oft handelt es sich dabei um lebensbedrohliche, intensivmedizinische Notfälle.« Im Rahmen ihrer Studie »Heatstroke in dogs in southern Germany. A retrospective study over a 5.5-year period.« (Hitzschlag bei Hunden in Süddeutschland. Eine retrospektive Studie über einen Zeitraum von 5,5 Jahren) beschäftigte sich Teichmann-Knorrn zusammen mit ihrem Team mit den Ursachen für Hitzschlag bei Hunden, prädisponierenden Faktoren sowie Behandlungen. »In der internationalen Literatur finden sich zwar einige Studien zu diesem wichtigen Thema, es gibt aber kaum deutsche Untersuchungen. Viele der veröffentlichten Studien stammen aus Israel, dort sind v.a. Arbeits-/Militärhunde betroffen. Diese Tiere haben i.d.R. einen sogenannten ‚anstrengungsabhängigen Hitzschlag‘ und wir wissen nicht, in wie weit die Ergebnisse auf unsere Patienten in Deutschland übertragen werden können. Wir wollten daher mit unserer Studie genauere Daten zum deutschen Patientengut erheben.«, erklärt Teichmann-Knorrn.
Hitzschlag als ernste Gefahr
Gerade in den Sommermonaten, wenn wir die Sonne genießen und viel draußen unterwegs sind, ist der beste Freund des Menschen oft stets an unserer Seite. Egal ob im Urlaub, auf dem Weg zum See oder zur nächsten Grillparty, auf das Auto lässt sich dabei leider häufig nicht verzichten. Dabei sollte es sich unter Hundehaltern schon längst herumgesprochen haben, dass gerade das Auto im Sommer zur Todesfalle für Waldi & Co werden kann. Auch Dr. Teichmann-Knorrn bestätigt: »Die Hauptursache für Hitzschlag bei Hunden ist leider nach wie vor, dass sie bei warmen Außentemperaturen im Auto gelassen werden (ca. 60 % unserer Patienten). Leider wird oft unterschätzt, wie schnell ein Auto aufheizt, und die Tiere werden beispielsweise während eines Einkaufs bedenkenlos im Auto gelassen. Wenn ein Auto bei einer Außentemperatur von 24°C in der Sonne steht, heizt sich der Innenraum innerhalb von nur 20 min auf ca. 48°C auf. Diese Temperatur kann für Hunde in weniger als einer Stunde tödlich sein.« Nur am Rande sei hier angemerkt, dass auch das Gesetz Handlungsbedarf erkannt hat: Obwohl jeder Einzelfall bewertet wird, bleibt die Sachbeschädigung straffrei, wenn man durch das Einschlagen einer Autoscheibe einen offensichtlich leidenden Hund befreit!
Doch auch Dehydrierung oder mangelnder Zugang zu Schatten können bei unseren Vierbeinern zu einem Hitzschlag führen. Dabei sind für einige Hunderassen die Probleme wieder einmal menschengemacht: »Besonders häufig sind brachycephale Rassen, wie Bulldoggen oder Möpse, betroffen. Diese Hunde können aufgrund der sehr kurzen Nasen und engen Nasenlöcher durch Hecheln viel schlechter Hitze abgeben als andere Hunderassen. Zusätzlich entwickeln die betroffenen Rassen schneller eine Kehlkopfschwellung, was die Atmung und somit die Wärmeabgabe zusätzlich erschwert«, so Dr. Teichmann-Knorrn. Aber auch übergewichtige Hunde, Fellnasen mit Herz- oder Atemwegserkrankungen oder ältere Tiere sind einem größeren Risiko ausgesetzt.
Im Notfall handeln!
Je früher die Anzeichen eines Hitzschlags erkannt werden, desto besser sind die Aussichten für den Patienten. Aus diesem Grund sollte jeder Hundehalter mit den Symptomen einer Überhitzung vertraut sein, um im Falle des Falles geeignete Maßnahmen ergreifen zu können. Das erste Anzeichen eines Hitzschlags ist typischerweise vermehrtes Hecheln sowie beschleunigter Herzschlag. Auch Erbrechen und/oder Durchfall können auftreten – beides oftmals blutig. In fortgeschrittenem Stadium treten dann neurologische Symptome auf: Der Hund wirkt desorientiert und verwirrt, zeigt einen schwankenden Gang. Es kann sogar zu Krämpfen kommen. Dr. Teichmann-Knorrn empfiehlt in punkto Soforthilfe: »Ein betroffener Hund sollte nass gemacht werden, um so abzukühlen. Hierfür sollte aber kein eiskaltes Wasser verwendet werden, denn dies führt dazu, dass die oberflächlichen Gefäße sehr eng werden, somit weniger Blut an die Körperoberfläche gelangt und abgekühlt werden kann. Zusätzlich erzeugt das eiskalte Wasser Kältezittern – durch die Muskelarbeit wird zusätzliche Wärme erzeugt. Eis-Packs können in den Nacken und den Inguinalbereich gelegt werden, dort befinden sich große Gefäße. Sobald der Hund versorgt wurde, sollte man schnellstmöglich zu einem Tierarzt fahren – am besten mit offenen Fenstern, durch den Wind wird eine zusätzliche Kühlung erreicht. Der Tierarzt wird, wenn notwendig, weitere therapeutische Schritte einleiten, zum Beispiel die Gabe von Sauerstoff, intravenöser Flüssigkeit und anderer Medikamente. Da durch den Hitzschlag ein Multiorganversagen und eine Blutungsneigung ausgelöst werden können, sind auch Blutuntersuchungen sinnvoll.«
Neben ausreichendem Zugang zu Wasser und Schatten sollte auch die Vermeidung allzu großer körperlicher Anstrengungen bei hohen Temperaturen vom gesunden Menschenverstand vorgeschrieben werden. Doch es gibt noch weitere Maßnahmen, die dem besten Freund des Menschen durch die heißen Monate helfen können. Eine Gretchenfrage, die alle Jahre wieder sowohl Fachleute wie auch Laien in hitzige Debatten verwickelt, lautet: »Scheren oder nicht scheren?«.
Scheren …
Die Argumentation der Verfechter der Sommerschur klingt logisch und nachvollziehbar: Ohne das dichte, dicke Fell kann sich die Hitze nicht stauen und der Hundekörper kann seine Wärme leichter an die Umgebung abgeben, was ergo zu einer niedrigeren Körpertemperatur und somit zu einer Erleichterung für den Vierbeiner führt. Es wird oft angeführt, dass das dichte Fell den Hund im Sommer genau so vor Hitze schützen soll wie im Winter vor Kälte – doch die Körpertemperatur eines Hundes von 38–39˚ Celsius liegt in unseren Breitengraden doch meist weit über der Außentemperatur. Die vom Hundekörper ständig durch Stoffwechselvorgänge produzierte Wärme – so die Argumentation der Fans einer leichten Sommerfrisur – kann ohne das dichte Fellkleid leichter über die Haut abgeführt werden und hilft dem Hund somit, vor allem bei körperlichen Aktivitäten, seine Körpertemperatur relativ konstant zu halten. Die Luftzirkulation direkt an der Hautoberfläche unterstütze dabei den Abtransport der Körperwärme, der ansonsten oftmals durch die dichte Unterwolle verhindert wird.
… oder nicht Scheren? Neben der doch recht oberflächlichen Argumentation, dass der Hund durch eine Schur sein rassetypisches Aussehen verliert, wartet jedoch auch die Gegenseite mit einigen überzeugenden Argumenten auf. Das Hauptargument lautet, dass die Natur schon für die richtige Behaarung aller Lebewesen sorgt und man ihr deshalb nicht ins Handwerk pfuschen sollte. Zudem sind Hunde bekanntermaßen nicht in der Lage, ihre Körpertemperatur über die Abgabe von Schweiß über die Haut zu regulieren. Die Natur hat für unsere Fellnasen andere Arten der Thermoregulation vorgesehen, wie zum Beispiel das Hecheln. Eine Rasur des Haarkleids ist deshalb für viele Halter und auch Experten nicht nur Unsinn, sondern sogar schädlich, da man die empfindliche Hundehaut den aggressiven Sonnenstrahlen aussetzt und so Sonnenbrände und dauerhafte Hautschädigungen riskiert. Besonders bei Hunden mit starker Unterwolle, zum Beispiel Huskies, Chow-Chows oder Schäferhunden, wurde nach dem Scheren oft eine sogenannte »Clipper Alopezie« beobachtet. Diese Hauterkrankung entsteht vermutlich durch eine Veränderung des Blutflusses an den Haarfolikeln nach dem Scheren, hervorgerufen durch Temperaturveränderungen oder Verbrennungen an der Hautoberfläche. Kahle Stellen oder stellenweise dichter »Büschelwuchs« können die Folge sein. Schon durch eine Rasur kann das empfindliche Gleichgewicht von Fell und Haut, sowie das natürliche Fellwachstum dieser Hunde dauerhaft gestört sein und die Funktion des Haarkleids nicht mehr gewährleistet werden. Zudem besteht bei Sonneneinstrahlung auf geschorene Hundehaut ein großes Sonnenbrandrisiko.
Das kühle Nass Genau wie viele von uns zieht es so manchen Vierbeiner an heißen Sommertagen ins kühle Nass. Doch auch hier gibt es einiges zu beachten, damit der Tag am Meer für Zwei- und Vierbeiner kein schlimmes Ende nimmt. Auch viele Hunde lieben es, im Wasser zu toben, doch wie bei uns Menschen sollte man darauf achten, dass die Fellnasen langsam abkühlen und nicht gleich komplett hineinspringen. Je nach Gewässer können nämlich auch hier die unterschiedlichsten Gefahren lauern. Zunächst spielt die gesundheitliche Situation des Hundes eine wichtige Rolle, denn, so warnt Dr. Teichmann-Knorrn, bei schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Epilepsie droht die Gefahr, dass der Hund ertrinkt.
Außerdem muss das Gewässer natürlich sicher sein. Schwimmen in stark fließenden oder schlecht zugänglichen Gewässern ist tabu, genau wie ein Bad in der Nähe von Wehren – hier droht Lebensgefahr! Gegen ein Bad im Meer ist dagegen grundsätzlich nichts einzuwenden, allerdings sollte dem Vierbeiner immer genug Süßwasser angeboten werden, da die Hunde durch das Schlucken von Salzwasser sonst sehr schnell dehydrieren können. Teichmann-Knorrn: »Idealerweise duscht man nach dem Baden im Meer nicht nur sich selbst sondern auch seinen Hund kurz ab, um Haut und Fell vom Salz zu befreien. Ganz egal ob Fluss, See oder Meer – jeder Hundehalter sollte darauf achten, seinen Hund nicht in Vogelschutzgebieten baden zu lassen. Am Boden brütende Vögel können sonst aufgeschreckt werden und kehren teils gar nicht mehr zu ihren Nestern zurück. Halsbänder und Geschirre können gefährlich werden, wenn sie sich verfangen und der Hund es nicht schafft sich zu befreien. Außerdem sollten Zeckenhalsbänder vor dem Baden unbedingt abgenommen werden, damit die verwendeten Stoffe nicht das Wasser kontaminieren und damit potenziell Wassertiere schädigen«. Wie Kinder sollten auch unsere Hunde nur unter Aufsicht das kühle Nass genießen, damit man im Falle des Falles schnell eingreifen kann und der Ausflug an heißen Tagen nicht zur Todesfalle für den besten Freund wird.
Sommer ohne Reue
Es gibt also eine Vielzahl von Möglichkeiten, den Fellnasen an besonders heißen Tagen eine artgerechte Abkühlung zu verschaffen und ihnen den Sommer etwas angenehmer zu gestalten. Die konventionellen Methoden des artgerechten Hundesommers lassen sich oft bereits aus den menschlichen Bedürfnissen ableiten: Spaziergänge in den kühleren Morgen- oder Abendstunden sind Aktivitäten in der Mittagshitze eindeutig vorzuziehen. So rät auch Dr. Teichmann-Knorrn: »Wir haben kaum Patienten, die einen anstrengungsabhängigen Hitzschlag haben. Dennoch wissen wir aus den israelischen Studien, dass auch sehr gut trainierte Hunde bei warmen Temperaturen und körperlich anstrengender Arbeit einen lebensbedrohlichen Hitzschlag bekommen können. Ich rate daher bei heißen Temperaturen keinen bzw. nur leichten Hundesport zu machen und den Tieren viele Erholungspausen zu gönnen.«
Schattenplätze in Haus und Garten werden auch von Hunden gerne aufgesucht und auch vielen Vierbeinern kann man bei sommerlichen Temperaturen mit einem Ausflug ins kühle Nass eine wahre Freude bereiten. Die ständige Bereitstellung von frischem Trinkwasser sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dabei sollte das Wasser jedoch auf keinen Fall zu kalt sein! Findige Halter, aber auch der Markt, bieten ihren Fellnasen oft noch weitere Abkühlungsmöglichkeiten im Sommer. So erfreuen sich zum Beispiel Hundepools – je nach den persönlichen kaninen Vorlieben mal mit mehr, mal mit weniger Wasser – bei den meisten Hunden großer Beliebtheit. Viele Hunde genießen bei hohen Temperaturen auch Spazierfahrten in klimatisierten Autos – wobei noch einmal betont sei, dass ein Hund im Sommer nichts in einem stehenden Auto zu suchen hat, da sich dieses sehr viel schneller als gedacht zu einer Hitze-Hölle entwickelt. Weitere Möglichkeiten, seinen Fellnasen im Sommer etwas Linderung zu verschaffen, reichen von der heimischen Herstellung von Hundeeis bis zu eisgefülltem Spielzeug – da sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt und erlaubt ist alles, was gefällt und hundegerecht ist, um die sommerlichen Temperaturen gemeinsam mit dem besten Freund des Menschen ausgiebig zu genießen.